Die Villa Patumbah im Zürcher Seefeld ist weit herum für ihre eigenwillige und aufwendige Gestaltung bekannt. Bauen liess sie in den 1880er-Jahren Carl Fürchtegott Grob, der mit Tabakplantagen in Sumatra reich geworden war. Er bot den Architekten freie Hand und ein schier unbegrenztes Budget. Entstanden ist ein Meisterwerk des Historismus mit Elementen aus allen möglichen Epochen und inspiriert von ostasiatischem Form- und Farbenreichtum.
Die Villa, die sich heute im Besitz der Stiftung Patumbah befindet, wurde in den Jahren 2014/15 sorgfältig restauriert. Die mit Ornamenten geschmückte Kuppel über dem seitlich gelegenen Eingang hingegen wurde damals aus Kostengründen nicht instand gesetzt. 2020 zeigte sich bei einem Servicebesuch von Scherrer Metec, dass der Zahn der Zeit dem Zinkdach so arg zugesetzt hatte, dass Ausbessern nicht mehr reichte.
Die inzwischen graue Kuppel war einst teilweise bunt bemalt. Nur wie, das war nicht mehr genau in Erfahrung zu bringen.
Schluss mit Flickwerk
Die Fachleute von Scherrer Metec kennen die Villa Patumbah bestens, da sie bei der Renovation für alle Metallelemente inklusive des neuen Dachs verantwortlich waren. Die Zusammenarbeit mit der Stiftung Patumbah war für beide Seiten sehr erfreulich verlaufen, und so ging der Auftrag für die Restauration der Kuppel wiederum an Scherrer Metec. Ebenfalls erneut mit im Boot waren die Farbspezialisten Fontana & Fontana.
Aufgrund einer sorgfältigen Bestandesaufnahme erarbeiteten die Fachleute mit der Stiftung und der Denkmalpflege die notwendigen Massnahmen und einen Budgetrahmen.
Die Kuppel brauchte zwingend eine neue, wasserdichte Dachhaut. Weiter sollten die vorhandenen Originalornamente instand gestellt und die fehlenden rekonstruiert werden. Bei der Untersuchung der Ornamente zeigte sich, was die Fachleute bereits vermutet hatten: Die inzwischen graue Kuppel war einst teilweise bunt bemalt. Nur wie, das war nicht mehr genau in Erfahrung zu bringen. Die winzigen Reste von Grau und Blau, die in Niet- und Verbindungsstellen noch gefunden wurden, gaben nicht wirklich Aufschluss. Gemeinsam entschied man, neue Entwürfe zu erarbeiten und die Kuppel der Farbigkeit der Villa anzupassen.
Passgenaue Dachhaut
Die wasserführende Schicht des bestehenden Dachs – eine Kuppel mit quadratischem Grundriss – war aus Zink und lag direkt auf der Holzschalung auf. Da auf diese Weise keine Feuchtigkeit entweichen konnte, bildete sich Weissrost; das Metall korrodierte.
Scherrer Metec wollte eine Lösung, die langfristig hält, und so entschied man sich, das neue Dach in verzinntem Kupfer auszuführen, das nicht korrodiert. Damit die Ornamente auf der neuen Dachhaut wieder angebracht werden konnten, musste diese inklusive der vier Ochsenaugen exakt dieselben Dimensionen haben wie die alte; hier war Millimeterarbeit gefragt.
Die bestehenden Deckleisten der Kuppel waren in einem recht guten Zustand und wurden daher auf Wunsch der Denkmalpflege wiederverwendet. Da die wasserführende Schicht absolut dicht sein musste, wurden neue Leisten erstellt und die alten Zinkleisten anschliessend rein dekorativ aufgesetzt.
Ein Meisterwerk des Historismus: Bauelemente aus allen möglichen Epochen vereint mit ostasiatisch inspiriertem Form- und Farbenreichtum.
Ornamente: alte Handwerkskunst
Die kleine Kuppel ist reich verziert mit Zinkornamenten, wie sie im Historismus Hochkonjunktur hatten: mit kunstvollen Eckleisten, Ochsenaugen sowie acht identischen Füllhörnern mit verschiedenen Früchten und Blättern, von denen allerdings etliche fehlten. Alle noch vorhandenen Elemente wurden entfernt, in den Werkstätten von Fontana & Fontana gereinigt und anschliessend von Scherrer Metec instand gestellt. Die mehrteilig zusammengesetzten Originale lassen erahnen, wie aufwendig deren Herstellung war. Heute ist das mit Hilfe von Negativformen etwas einfacher, doch gefragt sind solche Dekoelemente nur noch selten. Die Fachleute von Scherrer Metec, die mit traditionellen Spenglertechniken bestens vertraut sind, haben die fehlenden Früchte und Blätter aus Zeit- und Kostengründen von einer spezialisierten Manufaktur in Frankreich rekonstruieren lassen.
Da alle ornamentalen Teile auf die neue Dachhaut gelötet werden mussten, war es nicht möglich, sie in der Werkstatt zu bemalen. Und bald zeigte sich eine weitere Herausforderung: Das spezielle Lötwasser, das es für die Verbindung vom alten Zink mit verzinntem Kupfer braucht, reagierte nicht ideal mit dem gewählten Farbmaterial…
Pionierarbeit im Team
Doch zurück zum Anfang: Die Farbspezialisten von Fontana & Fontana schlugen vor, für das Dach Keim-Mineralfarben zu verwenden – dieselben, die bereits für die Fassade der Villa zum Einsatz gekommen waren. So würde sich die Farbigkeit der Kuppel perfekt ins Ensemble integrieren. Allerdings waren Mineralfarben in der Schweiz noch kaum je auf Metall verwendet worden; auch Fontana & Fontana hatten keine Erfahrungswerte. Aus Schriften des Erfinders Adolf Wilhelm Keim aus den 1880er-Jahren ging jedoch hervor, dass die Farben gut auf Metall haften. Sicher war, dass Ölfarben sich nicht eigneten, da das alkalische Zink sie verseifen würde. Keimfarben hingegen verwenden als Bindemittel Wasserglas, ein Silikat, das mit dem Metall eine stabile chemische Verbindung eingeht und die Pigmente schön hervortreten lässt.
Obwohl Scherrer Metec die Spenglerarbeiten am Dach im November 2021 abgeschlossen hatte, wurde es erst im Frühling 2022 bemalt. Einerseits brauchte es dazu Temperaturen über 5º Celsius, und andererseits war klar geworden, dass die Farbe sich besser mit dem neuen verzinnten Kupfer verbindet, wenn dieses schon leicht abgewittert ist.
Eine grosse Herausforderung war, dass die Kuppel aus zwei unterschiedlichen Metallen bestand, mit denen die Farbe jeweils anders reagierte, und eben: zahlreichen Lötstellen. Und da zeigte sich, dass es für ein gutes Ergebnis Teamarbeit braucht: Obwohl Scherrer Metec den Auftrag eigentlich abgeschlossen hatte, war während der Malerarbeiten immer auch ein Spengler auf dem Dach, der gemeinsam mit dem Maler alle Lötstellen anschaute und sie nach Bedarf aufraute. Die Bemalung der gesamten Kuppel brauchte zwar Zeit, aber nur gerade ca. 2 Liter Bindemittel und 500 Gramm Pigmente der unterschiedlichen Farben.
Handwerk Hand in Hand
Das Resultat darf sich sehen lassen. Die hohe Handwerkskunst der Ausführenden war für das überzeugende Ergebnis ebenso entscheidend wie das gegenseitige Vertrauen, die Bereitschaft zur Zusammenarbeit und zum Tüfteln sowie die Freude an guten Lösungen, die nicht nur die nächsten fünf, sondern womöglich die nächsten hundert Jahre halten.
So strahlt heute die Kuppel über dem Eingang in denselben leuchtenden Farben wie die Villa – als ob es nie anders gewesen wäre.